d
@ruhrnachrichten.de
Lehrstunden in Zivilcourage
Offizielle Schindler-Biografin arbeitete einen Vormittag mit Jeanette-Wolff-Schüler
MENGEDE. Diesen Vormittag
werden die Stufen 9 und 10
der Jeanette-Wolff-Schule am
Mengeder Markt so schnell
wohl nicht vergessen. Denn
wann hat man schon die Gelegenheit,
mit der offiziellen
Biografin des Ehepaars Schindler,
das im Zweiten Weltkrieg
1200 jüdische Zwangsarbeiter
vor dem sicheren Tod rettete,
zu arbeiten? 70 Mengeder
Hauptschüler hatten diese einmalige
Chance am vergangenen
Montag.
Der ungewöhnliche Geschichtsunterricht
mit Professorin
Erika Rosenberg-Band
aus Argentinien begann morgens
um 8 Uhr. Die Schüler
waren mächtig aufgeregt –
und gut vorbereitet. Den Film
„Schindlers Liste“ von Steven
Spielberg, der 1994 in die Kinos
kam, haben sie im Unterricht
angeschaut, weitere Details
über das mutige Wirken
von Oskar und Emilie Schindler
in Geschichtsbüchern und
im Internet recherchiert. „Mit
Frau Rosenberg-Band zu arbeiten,
ist eine große Ehre für
uns. Sie hat uns die Geschichte
der Schindlers, ihre Zivilcourage,
noch viel näher gebracht“,
sagte Ayoub aus der
neunten Klasse am Nachmittag
im Mengeder Saalbau.
Dort waren alle Ergebnisse
ausgestellt, die die Schüler
am Vormittag in zehn Workshops
erarbeitet haben. Die
Materialien dafür hatte Erika
Rosenberg-Band, auch Nachlassverwalterin
der Schindlers,
mitgebracht – natürlich
als Kopien. Sämtliche Originale
befinden sich im Deutschen
Museum in Bonn.
Brief von Spielberg
Die Sterbeurkunde von Oskar
Schindler, Steven Spielbergs
Brief an Emilie Schindler, die
verspäteten Auszeichnungen
für sie und viele andere Dokumente
konnten die Schüler
für ihre Arbeit nutzen. Ayoub
war am Morgen im Workshop
„Schindlers Fabrik in Krakau“.
Baupläne, Versicherungsscheine,
Bilanzen klebten
an der Tafel. „Schindler
hatte sogar ein Speisungsgebäude
für die jüdischen
Zwangsarbeiter, und er zahlte
ihre Krankenkasse“, sagte der
Neuntklässler. Die Schindlers
hätten ihr eigenes Leben riskiert,
um andere zu retten,
das sei wirklich sehr beeindruckend,
so Ayoub. „Das war
sehr mutig, die meisten haben
sich das ja nicht getraut“,
meinten seine Mitschüler
Sandra und Patrick.
Ähnliches empfand Erika
Rosenberg-Band vor fast 30
Jahren, als sie 1990 Emilie
Schindler kennenlernte. „Isoliert
und vergessen von
Deutschland, Argentinien
und Jerusalem“, berichtete
die 65-Jährige. Eigentlich
wollte die Schriftstellerin und
Historikerin zu diesem Zeitpunkt
ein Buch über Einwanderer
in Argentinien schreiben.
Dieses Vorhaben legte
sie für 20 Jahre auf Eis. „Ich
war so tief beeindruckt von
Schindlers Leben, dass ich
mich entschied, eine Biografie
zu verfassen.“ Oskar
Schindler war zu diesem Zeitpunkt
bereits seit 16 Jahren
tot. „Er war ein Lebemann,
der aber im richtigen Moment
ein großes Herz bewiesen
hat“, so Rosenberg-Band.
Gegen das Vergessen
Mit einem öffentlichen Vortrag
im Saalbau über Mut und
Courage in trostlosen Zeiten,
über unbesungene Helden im
Widerstand und gegen ihr
Vergessen endete der Besuch
Erika Rosenberg-Bands in
Mengede. Von hier ging es für
die Schriftstellerin weiter
nach Heilbronn, Erfurt, München
und Stuttgart. Im Gepäck
ihr Appell: auch in
schlimmen Zeiten nicht wegschauen
und Zivilcourage beweisen.
So wie die Schindlers.
Beate.Doennewald
@ruhrnachrichten.de
Lehrstunden in Zivilcourage
Offizielle Schindler-Biografin arbeitete einen Vormittag mit Jeanette-Wolff-Schülern
MENGEDE. Diesen Vormittag
werden die Stufen 9 und 10
der Jeanette-Wolff-Schule am
Mengeder Markt so schnell
wohl nicht vergessen. Denn
wann hat man schon die Gelegenheit,
mit der offiziellen
Biografin des Ehepaars Schindler,
das im Zweiten Weltkrieg
1200 jüdische Zwangsarbeiter
vor dem sicheren Tod rettete,
zu arbeiten? 70 Mengeder
Hauptschüler hatten diese einmalige
Chance am vergangenen
Montag.
Lehrer Claudius Bambeck (l.) hatte Erika Rosenberg-Band (r.) nach Mengede eingeladen. Die Schüler Patrick, Sandra und Ayoub (v.l.)
waren von der Zusammenarbeit mit der Schindler-Biografin aus Argentinien sehr angetan. RN-FOTO DÖNNEWALD
Erika Rosenberg-Band
wurde als Tochter deutscher
Juden in Buenos Aires,
Argentinien, geboren.
Ihre Eltern, ein Jurist und
eine Ärztin, flohen 1936,
noch vor dem Holocaust,
über Paraguay nach Argentinien.