Sonntag, 12. April 2015

Gera

In Sankt Elisabeth in Gera stellte Erika Rosenberg ihr Buch „Als ich mit dem Papst U-Bahn fuhr“ vor

11.04.2015 - 08:06 Uhr

In der Katholischen Pfarrei Sankt Elisabeth Gera stellte am Donnerstag Erika Rosenberg ihr Buch „Als ich mit dem Papst U-Bahn fuhr“ vor. In diesem wird Jorge Mario Bergoglio vorgestellt, der zu Papst Franziskus wurde.

Porträt

Lesung von Erika Rosenberg in der Katholischen Pfarrei St. Elisabeth. Die Autorin stellte ihr Buch "Als ich mit dem Papst U-Bahn fuhr" (2015) vor. Foto: Marcus Schulze Lesung von Erika Rosenberg in der Katholischen Pfarrei St. Elisabeth. Die Autorin stellte ihr Buch "Als ich mit dem Papst U-Bahn fuhr" (2015) vor. Foto: Marcus Schulze

Gera. Die Frage müsse anders formuliert werden, mahnt Erika Rosenberg. Die Autorin blickt skeptisch, bevor sie betont, was sie an den zuvor geäußerten Worten stört. „Fragen Sie mich nicht, wie ich diesen Papst einschätze. Fragen Sie mich lieber, wie ich diesen Menschen einschätze“, betont Erika Rosenberg, die am Donnerstag in der Katholischen Pfarrei Sankt Elisabeth Gera ihr Buch „Als ich mit dem Papst U-Bahn fuhr“ von 2015 vorstellte.

Und exakt jene Aussage der 1951 in Buenos Aires geborenen Schriftstellerin kann man getrost als roten Faden bezeichnen, der sich an diesem Abend durch die gesamte Lesung zog. Denn mit ihrem Werk wolle sie den Menschen namens Jorge Mario Bergoglio charakterisieren, der am 13. März 2013 zum Papst gewählt wurde und seitdem als Papst Franziskus die Geschicke der katholischen Kirche vom Vatikan in Rom aus lenkt.

"So ein Mensch wie er, tut uns allen gut." Erika Rosenberg über Jorge Mario Bergoglio „An erster Stelle ist er ein Mensch, aber was für einer. Und dann, zufällig, ist er Papst geworden“, sagt Erika Rosenberg, die den Stellvertreter Gottes auf Erden auch heute noch ausschließlich Jorge nennt. „Er ist so wirklich, so menschlich und Jorge, ich nenne ihn immer so, sieht nur mit dem Herzen.“

Es ist in erster Linie das Charisma des Kirchenmannes sowie dessen ausgesprochenes soziales Engagement für die Ausgegrenzten, die Kranken und die Vergessenen der Gesellschaft, das Erika Rosenberg mit sichtbarer Begeisterung beschreibt. Sie verweist auf den Umstand, dass er sich auch noch als Erzbischof von Buenos Aires regelmäßig in die Slums der 13-Millionen-Metropole begab, um sich von der Situation der Menschen vor Ort ein Bild zu machen und mit ihnen zu reden. Sie habe mit den unterschiedlichsten Personen gesprochen und sie stets danach gefragt, was sie denn gespürt hätten, als sie auf Jorge Mario Bergoglio trafen. Und der Tenor sei diesbezüglich immer der gleiche gewesen: er gebe den Leuten das Gefühl, wichtig zu sein. Und dann berichtet Erika Rosenberg von der Prostituierten, die in einem der Rotlichtviertel in der Nähe eines Bahnhofs ihr Dasein fristete und die dem Gottesmann gestand, dass sie in Sünde lebe. „Wir alle leben in Sünde“, hätte er erwidert. Isabella, so der Name der Prostituierten, sprach von großer Liebe, von Verständnis und Demut, die sie in diesem Moment vernahm. Der künftige Papst habe zudem Messen in dem Rotlichtviertel organisiert. Oder die andere Geschichte von dem Insassen des Gefängnisses El Polilla, dem er die Füße wusch. Auch er habe die Erfahrung von Verständnis, Demut und Liebe gemacht.

Sie habe „geheult“, als ihr dergleichen berichtet wurde, erinnert sich Erika Rosenberg. „Wissen sie, in dieser Zeit, in dieser Ellenbogengesellschaft, gezeichnet von Arroganz, in der die Gefühle der Menschen wenig Beachtung finden, tut uns ein Mensch wie er gut.“ Dabei ist Erika Rosenberg keine Katholikin. Für sie gibt es daher keinen religiösen Grund, den aktuellen Papst samt seiner Taten zu hofieren. Sie ist Jüdin. Ihre Eltern, eine Ärztin und ein Jurist, flohen, nachdem die Nürnberger Gesetze 1935 in Kraft traten, nach Argentinien. Doch sie seien niemals wirklich in Südamerika angekommen. Immer Fremde geblieben.

Doch gerade der interreligiöse Dialog sei ein Thema, das sie sehr interessiere. Erika Rosenberg präsentierte während ihrer Lesung ein Foto, auf dem sich Papst Franziskus, Rabbi Abraham Skorka und der islamische Gelehrte Omar Abboud vor der Klagemauer umarmen. Für die Schriftstellerin ein symbolischer Beleg für das friedliche Miteinander der drei Religionen. „Das funktioniert, wenn man will.“ Der Papst würde den Dialog zwischen den einzelnen Religionen vorantreiben. Zudem habe er Erika Rosenberg gegenüber betont, dass es eine Annäherung zwischen Juden und Katholiken geben würde. Des Weiteren habe er gesagt: „Ein guter Christ, ist kein Antisemit.“

Jorge Mario Bergoglio sei zudem zutiefst geprägt von den sozialen Widersprüchen in seinem Heimatland Argentinien. Das Nebeneinader von Arm und Reich hätte er verinnerlicht. „Jeder Mensch wird von seiner Umgebung geprägt“, so die Autorin. Daher rühre sein ausgesprochenes soziales Bewusstsein. Für europäische Verhältnisse sei sein Verhalten und Auftreten von eher unkonventioneller Natur. „Er besitzt die lateinamerikanische Leidenschaft“, so Erika Rosenberg über jenen Mann, den sie als bescheiden, aber durchsetzungsstark charakterisiert. „Die Menschen sollten ihm die Gelegenheit geben, etwas zu bewirken, und damit meine ich nicht die Ideologie, sondern die menschliche Ebene.“

Neben den Geschichten der Befragten, sind es natürlich auch die eigenen Erfahrungen der Autorin, die in das Buch einfließen. So habe sie den Papst immer und immer wieder als ganz normalen Fahrgast in der U-Bahn in Buenos Aires angetroffen. Und von diesen Begegnungen im Großstadtalltag rührt auch eine kleine Anekdote, die sie erzählte. Einem Jungen, der bettelnd durch die Zugabteile lief, habe der Gottesmann etwas zugesteckt. Die Augen des Kindes hätten schlagartig zu funkeln angefangen. Was Jorge Mario Bergoglio ihm da einst zusteckte, könne sie nicht sagen. Sie habe es nicht gesehen. Doch Geld sei es definitiv nicht gewesen.

Marcus Schulze / 11.04.15 / OTZ

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