Aus dem Leben von Emilie Schindler
Eindrucksvolle Lesung - "Ihre Zivilcourage imponierte mir enorm"
Von Marion Monreal
AHRWEILER.
In die Rubrik "Bewegende Begegnung" fällt der Abend mit Erika Rosenberg-Band beim Herbstforum des Ahrweiler Peter-Joerres-Gymnasiums. Bei ihrer europaweiten Lesereise, die sie von München an die Ahr führte, machte die 63-Jährige Station, "um als Zeitzeugin der zweiten Generation" aus dem Leben von Emilie Schindler zu berichten.
Erika Rosenberg-Band las beim PJG-Herbstforum aus der Biografie 'Ich, Emilie Schindler' vor.
Foto: Martin Gausmann
Sie hatte die Witwe von Oskar Schindler, der mit ihr 1200 Menschen vor der Gaskammer rettete, 1991 in Argentinien kennen- und lieben gelernt. Da war der einstige Fabrikant Oskar Schindler bereits 17 Jahre tot."Sie wurde meine beste Freundin, war wie die Oma, die ich nie hatte", sagt die Biografin und Schriftstellerin, deren eigene Geschichte sich mit Emilie Schindlers für immer verwoben hat. Denn auch ihre jüdischen Eltern flohen 1936 vor dem Holocaust nach Südamerika. Die Thematik, die in der Familie verdrängt wurde, ließ den Drang in ihr wachsen, ein Buch über jüdische Einwanderer in Argentinien zu schreiben."Und dabei stolperte ich 1990 über 'Milli'. Das war kein Zufall, das war Kausalität", ist sie sich sicher. "Ihre Zivilcourage imponierte mir derart, dass ich ihr vorschlug, ihre Biografie zu schreiben." Es folgten bis zum Tod der damals 94-jährigen Schindler-Witwe 2001 in Bayern elf recherchereiche Jahre mit unendlich vielen Gesprächen, ein gemeinsamer Besuch bei den Dreharbeiten von Steven Spielbergs' Film "Schindlers Liste" in Israel und die Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz, das im Bonner Haus der Geschichte aufbewahrt wird.Eines wird den rund 150 Besuchern schnell klar: Die Anerkennung des selbstlosen und gefährlichen Einsatzes von Oskar Schindlers Frau für die Juden kommt im geschichtlichen und literarischen Rückblick viel zu kurz, im Spielfilm spielt sie gar keine Rolle. Sie war es, die die Menschen im Arbeitslager Plaszow und in der Rüstungsfabrik in Brünnlitz mit Essen und Medikamenten versorgte."Es war eine unglaubliche Leistung beider an 2000 Tagen. Und sie war phasenweise schon sehr verbittert, dass ihrem Mann, von dem sie getrennt lebte, aber nie geschieden wurde, weltweite Anerkennung wiederfuhr wie die Auszeichnung von Yad Vashem als 'Gerechter unter den Völkern'. Sie dagegen lebte völlig isoliert in Armut", so Rosenberg-Band.Auch Spielberg habe in den fünf Tagen in Israel keinerlei Notiz von ihr genommen. "Der Hollywood-Film entfernt sich sehr von Emilies Realität und meinen Recherchen." Die ergaben auch, dass die Schindlers umgerechnet 26 Millionen Euro ausgegeben haben. "Da sind sich auch alle Überlebenden, die ich in 24 Jahren interviewt habe, einig: Die Schindlers hätten alles geopfert, um Menschen zu retten."
Artikel vom 04.11.2014