In Schindlers Schatten
Erika Rosenberg, Schriftstellerin und Journalistin aus Buenos Aires, wird am Montag, 18. November 2019, 19 Uhr in den Franckeschen Stiftungen aus dem Buch »In Schindlers Schatten – Emilie Schindler, Erinnerungen einer Unbeugsamen« lesen. Eine Gelegenheit für uns, auf das Buch von Emilie Schindler ( * 22. Oktober 1907 – † 5. Oktober 2001 ) und auf ihr Leben zu blicken:
Weder Oskar Schindler noch Emilie sind Helden gewesen, erzählt Frau Schindler zu Beginn ihrer Lebensgeschichte, die von Erika Rosenberg in Argentinien aufgeschrieben worden ist. Und doch waren beide auf ihre Weise anständig zu einer Zeit, die von Gewalt, Raffgier und Mordlust geprägt war. Auch mit dem Ehemann Oskar Schindler war Emilie nicht mit Glück gesegnet gewesen. Er hat sie betrogen, so viel und mit so vielen Frauen wie er nur konnte. Er hat ihr Unglück gebracht und im Elend sitzengelassen. Sogar der Ruhm der Nachwelt dank Spielbergs „Schindlers Liste“ wird ihm zugeschrieben. Ihr Anteil ist den wenigsten bewußt. Kurz: Schindler war keinesfalls ein moralisch integrer Mann, man könnte ihn sogar als „verworfenes Subjekt“ bezeichnen. Aber es ist hier nicht unsere Aufgabe, an einem Denkmal zu kratzen. Denn, und das erschreckt, es war Schindler moralisch gefestigter als das ganze mörderische und raffgierige Nazipack zusammen. „Unsere Väter waren keine Helden“, wie eine Heftchenserie in Westdeutschland die Zeit glorifizierte, oh nein, unsere Väter waren allerhöchstens Diebe und Mörder!
Auch die Schindlers hatten sich den Nazis angedient, allerdings bis zu einem bestimmten Punkt, ab diesem nutzten sie die Gunst der Stunde für die Rettung einer großen Anzahl für den Tod bestimmter jüdischer Menschen. Das zog Schindler, oft anders als im Film geschildert, zusammen mit seiner Frau (und der Hilfe einiger Geliebten) gemeinsam durch.
Wir wollten Emilie Schindler ihre Geschichte erzählen lassen. Da wir aber der Lesung nicht vorgreifen mögen, wird unser Blick auf das Buch kurz ausfallen: Es ist ein Leben auf nur 176 Seiten. Geboren wurde Emilie 1907 in Alt Moletein, Böhmen und Mähren. Sie wurde in einer deutschen Familie hinein geboren, die seit dem 13. Jahrhundert dort angesiedelt worden sind. Sie wächst in der Landwirtschaft auf, wird später im Kloster erzogen, der erste Weltkrieg bringt viele Veränderungen mit sich, so kehrt ihr Vater aus dem Inferno des Krieges als gebrochener und kranker Mann zurück.
Emilie heiratet den Hallodri Oskar Schindler, der sich von ihrer reichen Mitgift ein Auto kauft und den Rest durchbringt. Sie liebt ihn, und er sie wahrscheinlich auch, und doch hat er sie von Anfang an betrogen. Sie schafft es erst im Alter, sich von ihm zu lösen.
Menschlichkeit im großen Stil
Als Hitler an die Macht kommt, beschreibt Emilie die Schindlers „als Komplizen des Geschehens“: Sie waren Spione für das „Dritte Reich“. Gleichzeitig beschreibt sie ihren Mann, der auch der sudetendeutschen Heimatfront beigetreten war, als keinen Mann mit politischen Prinzipien, „er war nur ein Mitläufer.“
Das Husarenstück der Schindlers für die Rettung von fast 1200 Juden, „Schindlers Liste“, ist bekannt, Emilies Anteil daran, ihre Sicht der Dinge und auch ihre Hilflosigkeit beschreibt sie selbst. Jeder hat es gewußt! Aber jede kleine Geste der Menschlichkeit konnte selbst Gefahr für das eigene Leben bedeuten. Die Schindlers entschlossen sich nicht nur für eine Geste, sie zogen die Menschlichkeit im großen Stil durch! Sie nutzten dabei den Vortei, dass sie ausnutzen konnten, wie käuflich die „Herrenrasse“ war. Der Streich gelingt! Die Waffenfabrik für die Nazis wird nie Waffen produzieren und die Schindlers retten „ihre Juden“ und auch noch 300 Frauen aus der Vernichtung heraus, wie Emilie Schindler es beschreibt.
Auch die Schindlers überleben, können aber im Nachkriegsdeutschland nicht Fuß fassen. Sie gehen nach Argentinien. Oskar Schindler hat „im Gepäck“ noch eine Geliebte. Was ihm im Krieg glückte, wird im Frieden zum Debakel. Das unternehmerische Glück hat die Schindler verlassen. Als Entschädigungszahlungen für die Fabriken in Mähren winken, kehrt Oskar nach Deutschland zurück und läßt Emilie in Argentinien alleine. Es ist eine jüdische Stiftung, die ihr den abgesicherten Lebensabend ermöglicht. Am Ende des Buches gelingt es ihr aus dem Schatten ihres Mannes herauszutreten, aber das lesen Sie bitte selbst oder hören es sich an am:
Die Veranstaltung:
Montag, 18. November 2019, 19 Uhr
Das Buch:
In Schindlers Schatten: Emilie Schindler erzählt ihre Geschichte
Übersetzung: Brilke, Elisabeth
Schindler, Emilie , Rosenberg, Erika
Originaltitel: Memorias, Verlag: Kiepenheuer & Witsch (2018), Aus der Reihe: KiWi Taschenbücher – .40227, Kartoniert, 176 S.,ISBN-10: 3-462-40227-7, 14,99 €
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