Erika Rosenberg stellt in jüdischer Gemeinde Buch über Landsmann Papst Franziskus vor Regensburg.
Auf die Frage, weshalb sie als Jüdin ein Buch über den katholischen Papst geschrieben habe, entgegnet Autorin Erika Rosenberg: „Ich habe als Mensch ein Buch über einen anderen Menschen geschrieben.“ Die deutsch-jüdische Autorin und Journalistin aus Buenos Aires stellte in der jüdischen Gemeinde ihr gerade erschienenes Buch über ihren Landsmann Bergoglio „Als ich mit dem Papst U-Bahn fuhr“ vor. „Vielleicht ist diese Veranstaltung Auftakt zu mehr“, äußerten Ilse Danziger von der jüdischen Gemeinde und Benedikt Ströher von der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) bei der Begrüßung. Die Veranstaltung war gemeinsam von der KEB und der jüdischen Gemeinde organisiert worden. Rosenberg hat Bergoglio das erste Mal 1998 in der Kathedrale von Buenos Aires getroffen. Die Journalistin hatte von der Installation eines Wandbildes in der Catedral Metropolitana für die Opfer des Holocausts gehört und fühlte sich als Jüdin angesprochen. Gerade auch weil die katholische Kirche in Argentinien jahrelang als reaktionär galt. Mit Stift und Block bewaffnet saß sie in der ersten Reihe und habe alles aufgeschrieben, was der Erzbischof während dieser Messe sagte – und war fasziniert. Einige Tage nach dieser ersten Begegnung in der Kathedrale traf sie Bergoglio zufällig in der U-Bahn. „Er war eben ein Bischof zum Anfassen“, erklärt Rosenberg. „Kurzerhand sprach ich ihn an und fragte, ob es wirklich eine Annäherung zwischen Christen und Juden gäbe.“ Bergoglio, der bereits an der nächsten Station aussteigen musste, fand auf die Schnelle folgende treffende Antwort: „Ein guter Christ ist nie Antisemit“. Als er die U-Bahn verließ, drehte er sich noch einmal nach Rosenberg um und winkte ihr zu. Dies war der Anlass für ihr Buch, das vor allem die menschlichen Züge des heutigen Papstes Franziskus zeigt. „Liebe und Wärme in seinen Augen“ Von monatlichen Messen des damaligen Erzbischofs Bergoglio unter freien Himmel im Bahnhofsviertel berichtet sie. Dort, wo die Prostitution floriert. Rosenberg traf eine der Prostituierten, die eine Messe mit Bergoglio besucht hatte. Nach dem Gottesdienst bittet die HIV-infizierte Frau Bergoglio ihren Rosenkranz zu segnen und fügt an: „Ich bin eine Sünderin.“ Worauf Bergoglio antwortet: „Wir leben alle in Sünde.“ Und während er dies sagt, habe die Prostituierte „Liebe, Wärme, Zuversicht und Hoffnung in seinen Augen gefunden“. „Mein Volks ist arm und ich bin einer von ihnen“ Auch die Elendsviertel der 13- Millionenstadt liegen dem damaligen Erzbischof am Herzen. „Mein Volks ist arm und ich bin einer von ihnen“, sagte er einmal. Bergoglio schickte immer mehr Priester in die „Villas miserias“, die Elendsviertel mit 250000 Einwohnern, in die sich nicht einmal die Polizei traut. Die Recherchen zu ihrem Buch führte Rosenberg auch zu den Menschen dieser Viertel. Da gibt es Feliciana, die alleine zehn Kinder aufzieht und erzählt, „dass Pater Jorge ihr gezeigt habe, dass Gott für alle da ist, nicht nur für die Reichen“. Als Bergoglio 2013 Papst wurde hatte Rosenberg ihren argentinischen Landsmann bereits mehrere Male getroffen und dachte sich: „Franziskus hat den starken Willen etwas zu verändern.“ Immer wieder kritisierte er in seinen Predigten in der Kathedrale die Korruption im Lande. „Das passte den argentinischen Politikern gar nicht – insbesondere Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner hat Bergoglio das Leben wirklich schwer gemacht“, weiß Rosenberg. Auch Bergoglios Verhältnis zur argentinischen Militärdiktatur behandelt das Buch. Rosenberg habe mit einigen Seminaristen von damals gesprochen, denen Bergoglio nach ihrer Meinung das Leben gerettet habe. Für die deutsch-jüdische Autorin aus Buenos Aires ist klar, dass „die Vorwürfe nicht stimmen“. „Jeder ist Abbild Gottes, ob gläubig oder nicht“ Einen großen Verdienst Bergoglios sieht Rosenberg in seinem Bemühen um den interreligiösen Dialog. Und sie erinnert an die historische Umarmung Franziskus mit Rabbi Skorka und dem Islamgelehrten Abboud an der Klagemauer in Jerusalem. Beides sind Freunde aus der Zeit in Argentinien. Mit Rabbi Skorka hat Bergoglio noch zu seiner Bischofszeit das Buch „Über Himmel und Erde“ verfasst. „Jeder Mensch ist ein Abbild Gottes, ob er nun gläubig ist oder nicht“, heißt es in dem bisher einzigen Buch des Papstes, in dem er über seine Ansichten zu Glauben, Kirche, Politik und Gesellschaft spricht. Bergoglio hat eine gute Verbindung zu Deutschland Bergoglio, der vielen Deutschen bei der Papstwahl kein Begriff war, hat eine gute Verbindung zu Deutschland. Abgesehen davon, dass er laut Rosenberg „gut Deutsch spricht“, verbrachte er im Sommer 1986 einige Monate in Frankfurt. Er arbeitete dort an seiner Promotion über den in Deutschland wirkenden Theologen Romano Guardini (von 1885 bis 1968) – die Arbeit blieb jedoch unvollendet. Die Frage, wie oft Rosenberg Bergoglio getroffen hat, kann sie nicht genau beantworten. Mindestens ein gutes dutzend Mal. Bei einer der letzten Treffen, einer Generalaudienz in Rom, hat er dann gesagt: „Erika, ich glaube, Sie haben jetzt alles fertig für Ihr Buch.“