Donnerstag, 8. November 2012

"Gegen das Vergessen unbesungener Helden"


"Gegen das Vergessen unbesungener Helden" lautete der Titel einer Veranstaltung in der Synagoge. Es referierte Prof. Erika Rosenberg, eingeladen hatten die VHS Herford und das Kuratorium "Erinnern, Forschen, Gedenken".
Im Mittelpunkt des Vortrages standen Emilie und Oskar Schindler ("Schindlers Liste"). Das Unternehmerehepaar Schindler rettete viele Juden vor der Gaskammer.
"Liebe auf den ersten Blick" war ihre erste Begegnung mit Emilie Schindler - so erzählte es Erika Rosenberg während der sehr gut besuchten Veranstaltung. Die Referentin selbst ist ein Kind jüdischer Eltern, die 1935 aus Berlin geflohen waren. Sie wurde 1951 in Buenos Aires geboren, wo sie zweisprachig aufwuchs.
Der Holocaust war wie in vielen anderen jüdischen Familien auch bei ihren Eltern ein Tabuthema, So begann die Historikerin erst nach dem Tod ihrer Mutter mit der Suche nach anderen deutsch-jüdischen Einwanderern in Argentinien und lernte 1990 Emilie Schindler, die Witwe von Oskar Schindler, kennen. Seitdem ließ das Ehepaar Schindler sie nicht mehr los und sie begann zu recherchieren und zu veröffentlichen. Ihre Motivation, so Prof. Rosenberg, ist ihre Dankbarkeit gegenüber den Schindlers, die ihr Leben riskiert haben, um 1200 Menschen vor den Gaskammern zu bewahren. Denn, so sagt sie weiter, schon im Talmud steht, wer ein Menschenleben rettet, rettet die ganze Welt. Im weiteren Verlauf ihres Vortrages, in dem sie chronologisch über die damaligen Ereignisse berichtet und Fotos und Dokumente zeigt, liest sie immer wieder Passagen aus ihrem Buch "Ich, Emilie Schindler" vor, das auf 70 Stunden Interviewmaterial basiert.
Sie zeichnet durch die Texte ein bisher unbekanntes Bild von Emilie Schindler, die bis dato immer im Schatten ihres Mannes Oskar stand: Anders im Film »Schindlers Liste« dargestellt, unterstützte sie ihn, half den jüdischen Arbeiterinnen und Arbeitern unter Einsatz ihres Lebens mit Lebensmitteln, Medikamenten und vielem mehr. In Abwesenheit ihres Mannes bewahrte sie 108 Menschen vor ihrer Erschießung durch die SS und nahm diese zusätzlich in ihrer Fabrik in Brünnlitz auf. Oskar Schindler sagte 1956 von seiner Ehefrau Emilie, dass sie den Mut hatte, SS-Leute wie Hausdiener zu behandeln. Für diesen Mut und die ungeheure Zivilcourage erhielt Emilie Schindler, beantragt durch Erika Rosenberg, im Jahr 1994 das Bundesverdienstkreuz. Beide verband bis zuletzt eine enge Freundschaft. Kurz vor ihrem Tod, kam die stille Heldin nach Deutschland zurück, wo sie 2001 in Waldkraiburg verstarb.

Foto (schwarz-weiß) : Budek/NW
Herforder Kreisblatt, Artikel vom 08.11.2012, Jana Budek