Auf der Fahrt von München nach Hof, erste Bahnfahrt seit dem wir hier in Deutschland sind , drehen sich im Kopf wie im Karussell viele Gedanken, Erinnerungen, Erlebnisse, Ereignisse. Wie ein Film läuft alles vor den Augen. Wie schnell verging die Zeit! Als ich vor ein paar Tagen in der Stadt war, sah ich ein Regal mit Lebkuchen, Spekulatius und dachte schon im September, jetzt schon Oktober, bald Weihnachten. . . Ja, ja das Leben vergeht wie im Nu, wie im Flug.Es gibt vieles, die man vergisst, verdrängt um sich nicht daran zu erinnert, es gibt aber Erlebnisse, die man niemals im Leben vergessen wird, wie der Tod lieben Menschen, die in uns tiefe Spuren hinterlassen haben, Das sind unsere Eltern, liebe Freunde, manche Lehrer, Dozenten und in meinem Fall als Autorin manche Persönlichkeiten, worüber ich geschrieben habe.
1990 begegnete ich zum ersten Mal Emilie Schindler, noch drei Jahre bevor der Film Schindlers Liste in fast allen Kinos der Welt gesehen wurde. Ich wollte nur mit ihr ein Interview durchführen für mein damaliges Projekt "Einwanderungen in Argentinien", aber unser Schicksal spielt nämlich eine entscheidende Rolle im Leben. Wir haben uns immer näher kennengelernt, ich brauchte viele Stunden meiner knapper Freizeit um etwas ordentliches zu verfassen. Sie mischte immer wieder viel persönliches, sie sprach und erzählte über die vielen Katzen, die sie freiwillig zu Hause betreute, über ihre Hunde, über den Bäcker, Nachbarn, dann aber ganz zwischen durch antwortete sie auf meine Fragen, die mit meinem Werk zu tun hatten. Nach ca. 3 Stunden Gespräch wurde sie immer müde und bat mich am nächsten Samstag oder Sonntag zurückzukommen. Nach ein paar Monaten hatten wir uns schon angefreundet und waren per Du. Und Ein paar Monate darauf sah ich ein, ich wollte ein Buch, ihre Geschichte auf Papier bringen und das Projekt "Einwanderungen" könne noch warten.
Ich habe Emilie Schindler 21 Jahre begleitet, habe mehrere Biografien über sie und Ihren Mann und ihre Helfer verfasst. Ich war immer Zeugin der vielen Ungerechtigkeiten von Spielberg, Yad Vashem, usw. die sie von großen Einrichtungen erleiden musste. Über Spielberg, seinen Film, seine Anwälte, Yad Vashem könnte ich bestimmt große Kompendien verfassen, aber was hilft es ja, wenn sie nicht mehr am Leben ist. Spielberg wurde für die Verfilmung des Filmes Schindlers Liste mit einem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse ausgezeichnet, während sie , die mutige Retterin mit einem am Bande! Spielberg hat sie mit keinem Cent Tantiemen beteiligt, während er 370 Mio U$D dadurch aufbrachte, und die Ungerechtigkeit in ihrem Leben war mit dem Thema Koffer gekrönt. Yad Vashem hat sich ihrem Erbe an Dokumenten, Aufzeichnungen, Fotos, komplette Schindlers Listen geeignet, mit dem falschen Argument, "alles, was mit Judentum zu tun hat, gehört Israel". . .was sich schwer bezweifeln lässt, denn Emilie war die Alleinerbin von Oskar.
Ihr letzter Wunsch mit 93 Jahren war den Lebensabend nach 50 Jahren in Argentinien in Deutschland zu verbringen. Sie bat mich flehend darum, das vergesse ich nie und mit der Deutschen Botschaft in Buenos Aires setzte ich ihren Wunsch sofort ins Rollen.
Heute vor 20 Jahren ist sie in Deutschland gestorben. Mir fehlen die Worte, ausgerechnet mir als Autorin um auszudrücken, wie sie mir noch fehlt. Emilie war die Oma, die ich nicht hatte und ich war ihr Kind, das Kind, das sie auch nie hatte. Wir haben uns ergänzt. Bei mir brennt eine kleine Kerze in ihrem Gedenken und ich weiß, sie schützt mich von da aus wo sie jetzt ist!
Prof. Erika Rosenberg, eine Autorin, die zwischen den Welten pendelt