Emilie und Oskar Schindler:Der „kuriose Onkel“ war ein Held

In Frankfurt werden Oskar und Emilie Schindler nun mit einem nach ihnen benannten Platz geehrt. Bei einem Festakt im Rathaus berichten Weggefährten von den beiden „Judenrettern“.
Für ihn als Kind sei Oskar Schindler noch kein Held gewesen, sondern ein herzensguter und auch „etwas kurioser Onkel“, sagt Hans-Michael Trautwein. Zehn Jahre war Trautwein alt, als er den „Judenretter“ kennenlernte. Bei seinen Eltern war Schindler, der von 1957 bis zu seinem Tod im Jahr 1974 in Frankfurt lebte, häufig zu Gast. Trautwein, heute Wirtschaftsprofessor in Oldenburg, beschreibt ihn als einen Mann, der in seiner Großzügigkeit oft überbordend war, der es liebte, Kinder zu verwöhnen.
„Einmal waren wir im Sommer im Auto unterwegs, zu sechst im Ford Taunus, es war fürchterlich heiß“, erzählt Trautwein. „Zu heiß“, dachte Oskar Schindler. Also stoppten sie, und Schindler lief in ein Geschäft. Zurück kam er mit Eis. Aber nicht mit einer normalen Portion, sondern mit „einer Familienpackung Fürst-Pückler-Eis für jedes Kind“.
Bei einem Festakt im Kaisersaal des Frankfurter Rathauses Römer erinnert sich Trautwein an diese Anekdote. Der Anlass: Die Stadt hat den Vorplatz des Hauptbahnhofs nach Oskar Schindler benannt – und nach seiner Frau Emilie, die in der NS-Zeit gemeinsam mit ihrem Mann mehr als 1200 jüdischen Zwangsarbeitern das Leben rettete. Am Sonntag erhielt der Emilie-und-Oskar-Schindler-Platz feierlich seinen Namen.
„Schindlers Liste“ machte die Geschehnisse weltweit bekannt
Mit viel List hatten die Schindlers ihre Krakauer Fabrik als „kriegswichtige Produktionsstätte“ einstufen lassen und ihre jüdischen Arbeiter dadurch vor den Nazis geschützt. Ende 1944, als die Rote Armee auf Krakau vorrückte, gelang es ihnen, ihre Fabrik ins mährische Brünnlitz zu verlagern. Wäre das nicht gelungen, hätte man ihre Arbeiter nach Auschwitz deportiert – und damit in den sicheren Tod geschickt. Steven Spielberg hat diese ungewöhnliche Geschichte 1993 in seinem Kinofilm „Schindlers Liste“ erzählt und in der ganzen Welt bekannt gemacht.
„Schindlerjuden“ wurden die Geretteten genannt, einige ihrer Nachfahren sind nun auch zur Feier nach Frankfurt gereist. Gekommen aus Buenos Aires ist Erika Rosenberg-Band, Historikerin und Verwalterin des Nachlasses von Emilie und Oskar Schindler. Ihre Eltern waren 1936 aus Deutschland über Paraguay nach Argentinien geflohen.
1990 hatte Rosenberg-Band Emilie Schindler kennengelernt, die damals in einem Dorf südlich von Buenos Aires lebte: „sehr verarmt“, in einer kleinen und einfachen Wohnung. 1947 waren die Schindlers in das südamerikanische Land gezogen, um eine Nutriafarm aufzubauen. Doch der Betrieb ging bankrott, und das Paar entfremdete sich. Emilie Schindler blieb in Argentinien, als ihr Mann 1957 beschloss, nach Deutschland zurückzukehren.
„Sie erzählte, erzählte, erzählte“
Rosenberg-Band wollte eigentlich über Exilanten in Argentinien schreiben und hatte Emilie Schindler deshalb kontaktiert. „Sie erzählte, erzählte, erzählte“, erinnert sie sich im Kaisersaal an ihr erstes Treffen mit der Frau, die ihr zur Freundin wurde. Gemeinsam haben die beiden aus ihren Erinnerungen ein Buch gemacht. Um Emilie Schindler zu beschreiben, benutzt Rosenberg-Band den jiddischen Ausdruck „a Mensch“: Sie habe sich immer um ihre Mitmenschen gesorgt, sei eine Frau gewesen, die „mit dem Herzen gesehen hat“, habe ihr gezeigt, wie wichtig es sei, mutig zu handeln. „Sie hat mir ihr Leben anvertraut“, sagt die Autorin.