Eine mutige Frau im Schatten ihres berühmten Mannes - Erika Rosenberg-Band aus Argentinien spricht in Höxter über ihre Freundin Emilie Schindler
Höxter (red). Oliver Schäfer hat die Gattin von Oskar Schindler für seine Ausstellung „Fearless Women“ gemalt. Ein Interview mit dem Künstler.
Es ist eine außergewöhnliche Frau, die am 3. Juli um 18 Uhr im Archäologiepark Höxter zu Gast sein wird: Erika Rosenberg-Band spricht über ihre Freundschaft zu Emilie Schindler, die gemeinsam mit ihrem Ehemann Oskar während des Holocausts 1.200 Menschen das Leben rettete. Rosenberg-Band kommt aus Argentinien und ist die Biografin von Emilie Schindler, deren Porträt derzeit in der Ausstellung „Fearless Women“ zu sehen ist. Der Eintritt zum Vortrag im großen Strohboid-Zelt im Archäologiepark ist an diesem Abend frei. Wir haben mit dem Künstler Oliver Schäfer aus Warstein über Erika Rosenberg-Band und sein Projekt „Fearless Women gesprochen.
Erika Rosenberg-Band ist eine Schriftstellerin und Journalistin aus Buenos Aires, dorthin flohen ihre Eltern vor den Nazis. Herr Schäfer, wie kam der Kontakt zu ihr zustande?
Als ich Emilie Schindler malen wollte, habe ich Erika Rosenberg-Band angeschrieben und um ein Foto und die Erlaubnis dazu gebeten. Dadurch haben wir uns kennengelernt. Ich bin sehr glücklich darüber, dass sie anlässlich meiner Ausstellungen regelmäßig Vorträge hält.
Warum ist Emilie Schindler ein gutes Beispiel für die Frauen, die in ihrer Ausstellung zu sehen sind?
Emilie Schindler stand immer im Schatten ihres Mannes Oskar, obwohl sie ganz maßgeblich an der Rettung von 1.200 Juden während es Holocausts beteiligt war. Weltbekannt wurde ihr Ehemann Oskar durch den Spielberg-Film „Schindlers Liste“, der Emilies wichtiger Rolle aber nicht gerecht wird. Die echte Emilie ist ganz am Schluss in der Szene zu sehen, in der sie Steine auf das Grab ihres Ehemannes legt. Sie starb 2001 verarmt in Berlin. Erika Rosenberg-Brand war elf Jahre lang eng mit ihr befreundet. Es ist ihr ein Anliegen, die Erinnerung an sie wach zu halten. Eine ganz ähnliche Motivation wie meine.
Zurück zu Ihrem künstlerischem Projekt: Warum malen Sie ausschließlich Frauen?
Ich möchte diese Frauen sichtbar machen. In der Geschichte ist es zu häufig passiert, dass die Taten und Errungenschaften von Frauen vergessen wurden. Mit meinen Bildern kann ich das ändern und Frauen, die Wichtiges geleistet haben, bekannter machen.
Warum engagieren Sie sich als Mann für Themen, die eher Frauen betreffen?
Weil die Gleichstellung der Geschlechter uns alle angeht. Das Thema „Gewalt gegen Frauen“ ist da nur ein Beispiel von vielen und geht auch uns Männer an, denn von Männern geht diese Gewalt aus. Wir werden eine gerechtere Welt nur dann aufbauen können, wenn die Männer mitmachen.
Was möchten Sie mit diesen Porträts gesellschaftlich bezwecken?
Mit meiner Kunst möchte ich Menschen zusammenbringen. Ich konnte bereits auf vielen Ausstellungen beobachten, dass meine Bilder als eine Art Dialogöffner dienen. Betrachterinnen und Betrachter kommen vor meinen Bildern in ein Gespräch. Diese Gespräche handeln anfangs natürlich meist von den dargestellten Frauen, jedoch werden daraus schnell Gespräche über gesellschaftliche Themen. Ich glaube, gerade solche Dialoge brauchen wir in diesen Zeiten mehr denn je.
Warum kann man in den Porträts einzelne Wörter oder Buchstaben erkennen?
Bevor ich mit dem eigentlichen Malprozess beginne, schreibe ich immer ein Zitat der jeweiligen Person in ihrer Muttersprache auf die Leinwand. Das hat hinterher den Effekt, dass man nur noch einzelne Wörter oder Buchstaben durch die Farbschichten hindurchschimmern sehen kann. Auf diese Weise möchte ich den Betrachterinnen und Betrachtern zeigen, dass diese Frauen mehr sind, als nur ein Körper. Diese Frauen haben etwas zu sagen, sie haben eine Botschaft, eine Haltung.
Was hat es mit der bunten Farbgebung auf sich?
Die Farben sind bewusst gewählt. Würde ich die Frauen in zarten Pastellfarben malen, könnte man die Porträts leicht übersehen. Ich möchte, dass die von mir porträtierten Frauen ganz klar erkennbar sind, egal wo sie ausgestellt werden. Niemand soll an meinen Bildern vorbeilaufen und sagen „ach, habe ich gar nicht gesehen“. Für Marlene Dietrich habe ich beispielsweise viel Blau verwendet, weil sie als „Blauer Engel“ bekannt wurde. Und bei Primatenforscherin Jane Goodall dominieren die Grüntöne des Dschungels.
Wie kamen Sie auf die Idee, Ihre Bilder auch im Freien auszustellen?
Das war während Coronapandemie, als keine Ausstellungen drinnen möglich waren. Seitdem stelle ich regelmäßig wetterfeste Reproduktionen meiner Werke draußen aus - zum Beispiel in Parks oder öffentlichen Gärten. Ich arbeite selbst gerne in meinem Garten und lasse mich von der Natur inspirieren und wollte beide Leidenschaften miteinander verbinden. So entstand die Idee einer Ausstellung im Freien, bei der meine gemalten Porträts und Texte der Journalistin Diana Ringelsiep in bunten Blumenbeeten präsentiert werden können. Obwohl die Pandemie vorbei ist, halte ich an diesem Ausstellungskonzept fest. Es ist eine gute Art der Kunstvermittlung, um auch Menschen zu erreichen, die sonst nicht Museen oder Galerien besuchen würden.
Arbeiten Sie noch an weiteren Werken für deine Porträtreihe „Fearless Women“?
Ja ich arbeite momentan an weiteren Porträts. Mein Ziel ist es, eine Serie von 50 bis 100 Frauenporträts zu erstellen. Ich möchte Frauen aus den unterschiedlichsten Ländern und Kulturen darstellen. Es sollen Frauen aus der Vergangenheit und der Gegenwart sein, die sich aktiv für etwas einsetzen oder Großes geleistet haben. Ich habe eine lange Namensliste. In Höxter wurde ich beispielsweise sofort auf die Kriegsfotografin Anja Niedringhaus aufmerksam gemacht, die sicherlich auch gut in die Reihe passen könnte.
Kann man die Porträts der „Fearless Women“ Reihe käuflich erwerben?
Ja, die Porträts stehen zum Verkauf. Einige der Originale sind bereits verkauft. Außerdem biete ich hochwertige Kunstdrucke und wetterfeste Reproduktionen meiner Werke für diejenigen an, für die ein Original nicht in Frage kommt. Auf diese Weise haben mehr Menschen Zugang zu meiner Kunst und ich kann somit die Geschichten dieser Frauen noch besser verbreiten. Sollte jemand Interesse an einem meiner Kunstwerke haben, kann man mich gerne kontaktieren oder in meinem Etsy-Shop vorbeischauen. Homepage des Künstlers: oliverschaefer.art
Die Ausstellung „Fearless Women“ ist noch bis einschließlich 7.7. in Höxter zu sehen. Für Gruppen werden Führungen angeboten – Anfragen an
Foto: privat