Sonntag, 5. Juli 2020

Das Leben im winterlichen Juli. La vida en el invernal mes de Julio. Life in the winterly July

 Erster Sonntag im Juli. Die letzten Monate waren wirklich sehr turbulent. Mein Leben wie eine Achterbahn, voll von Rauf und Runter. Sobald konnte man sich von dem steilen Anstieg erholen, kam  wieder  die Fahrt in  ungeheurem Tempo ins tiefe Tal. Ein Glück, dass ich nicht gewohnt bin Schwindel auf den Pisten zu haben. . . Ich mag mit Metapher zu schreiben!

Die strikte Ausgangssperre hier in Buenos Aires gehört schon zum Guinness Records, mit heute 110 Tagen und voraussichtlich bis 17.Juli, aber es könnte auch sein bis September... Die argentinische Regierung  behauptet sich selbst als "Wissenschaftler". "Wissenschaftler" auf dem Gesundheitsbereich, Wirtschaft, Sicherheit, Disziplin, Ordnung. . .Niemals habe ich mir so viele "Wissenschaftler" auf einmal angehört mit so leeren Diskursen, ohne Inhalt, ohne Sinn, ohne Vernunft. Ende der Geschichte, wir sind immer noch zu Hause eingesperrt.

Auf der öden Landschaft präsentieren sich nun Szenen wie auf  einem Thriller: Ein Ex-Assistent von der Familie Kirchner, nachdem er als Kronzeuge bei einer Korruption Affaire der Familie "ausgepackt" hat, wurde  tot aufgefunden. Das erinnert mich an den Tod von Staatsanwalt Nisman, der Untersuchungen führte in Bezug auf ein Abkommen zwischen Cristina Kirchner mit dem Iran. Wirklich, die ganze Geschichte eine kostbare Perle für Edgar Alan Poe, jedoch meisten überschreitet die Realität die Fiktion.

Es schmerzt sehr über die Skandale im eigenen Land zu schreiben und noch mehr , wenn man genau weiß, dass es auch nicht besser wird.

Argentinien, ein Land, das die ganze Welt ernähren könnte, ein Land mit  so vielen Ressourcen, ein Land, das es die Getreidekammer der Welt 1935 war. Buenos Aires, seine Hauptstadt, einst eine wunderschöne Metropole mit architektonisch französischen Gebäuden, eine Hauch Europa mitten Lateinamerika. Jetzt sind fast alle Läden, große Einkaufszentren geschlossen. Nach Statistiken haben ca. 228.000 Menschen ihre Arbeit verloren, die  bestimmt nicht gleich nach der Pandemie wieder einen Job finden werden. Die Mittelklasse verschwindet immer mehr. Immer mehr Menschen hausen auf der Straße, betteln vor Supermärkten. Der Winter ist ja  gerade nicht die beste Jahreszeit für die Seuche, auch nicht für Obdachlose, Menschen mit Vorerkrankungen, Ältere, Bewohner der 1600 Elendsiedlungen in Buenos Aires, die nicht mal Kloaken, Leitungswasser haben und  wo auch der Strom immer wieder ausfällt. Ein tristes Panorama für die erste Hälfte 2020. Die Regierung, die "Wissenschaftler" meinen, wir haben immer noch nicht die Kurve des Virus erreicht, daher  halten uns  in den vier Wänden eingeschlossen. Sie wollen uns vor dem Tod schützen. Aber wer schützt uns vor der kaputten Wirtschaft, vor der Korruption, vor der Lüge?

Viele Menschen, die noch das Glück haben, verrichten Ihre Arbeit von zu Hause, ich bin eine  von denen, stehe früh auf, schreibe, doziere, schreibe wieder, führe den Haushalt, mache Einkäufe, gehe mit Madame Daphne Gasse . .die Stunden vergehen  unheimlich schnell und wieder  ist die Nacht. Und das ist ausgerechnet in der Nacht, wo man sich über alles Gedanken macht, man grübelt nach , man überlegt, man versucht vieles unter Kontrolle zu bringen, man versucht sich den nächsten Tag einzuordnen mit verschiedenen Aufgaben, Disziplinen, die  manchmal zum Ritual des Tages führen. 

Trotz der Lage, die  einen sicherlich sehr betrübt, habe ich Hoffnung und Zuversicht und jeden Tag wache ich auf mit dem festen Vorsatz bis ans Ende  der Tunnel zu kommen und bald wieder das Tageslicht zu sehen. Mit viel Geduld, Glauben, Mut, Energie kommt man durch. Noch ein bisschen den Berg besteigen, noch  fehlt ein bisschen bis zur Spitze, noch ein bisschen Kraft. . . und das haben wir alle geschafft!

Einen schönen Sonntag und besseren Wochenstart.

Aus dem Tagebuch einer Autorin, die zwischen der Welt pendelt, aber zur Zeit in der Stadt der "guten Lüfte" und Tango Musik am Rio de la Plata