An einem Tag wie heute, am 5.Oktober 2001 verließ sie uns auf immer und ewig, aber ihr Lebenswerk wird dauerhaft in der Geschichte immer präsent sein.
Als ich sie ahnungslos zum ersten Mal an einem 22.Juni 1990 traf, hatte ich ein ganz anderes Projekt, nämlich ein Buch über die Einwanderungen in Argentinien zu verfassen. Sie, die Einwanderin , die Emilie sollte nur Teil eines großen Stoffes für mein "Buch".
Was, aber auf mich wartete, war es ganz anderes, als ich vermutete, es war eine unzertrennliche Fügung.
Aus einer Bekanntschaft wurde eine enge Freundschaft, aus der Freundschaft wurde sie für mich eine Ersatzoma, die mir ihr ganzes Leben anvertraute und kurz bevor sie starb ließ mich ihr ernsthaft versprechen, ihre Geschichte in die weite Welt zu vermitteln.
Und gerade das, ist es, was ich nun mache.
Da, wo man mich braucht, da wo ich eingeladen bin, egal wo, denn die geographischen Entfernungen spielen gar keine Rolle, sei es in Deutschland, Österreich, Tschechien, USA, China, Hongkong, Japan, Thailand, England, Argentinien, in der Schweiz, Polen, Ungarn, Russland, usw. dahin begebe ich mich mit "meinem loyalen Team": Josecito und Madame Daphne.
Emilies Geschichte wurde jahrelang untergangen, ignoriert, vergessen, missachtet.
Als ich sie in ihrem ganz armen Haus in San Vicente besuchte, war sie ganz alleine, verlassen, sie hatte große finanzielle Schwierigkeiten.
Es war sehr peilch und irritierend zu sehen, wie sie über die Runde nicht auskam. Nicht Mal eine Krankenversicherung, nicht Mal eine ehrwürdige Rente. Von der Bundesrepublik erhielt sie nur eine spärliche Rente der Stadt Frankfurt. Im Vergleich zu den Geldern, die die Asylbewerber heute erhalten...es ist wirklich beschämend. Von Israel erhielt sie nur 30 U$D im Monat und von Argentinien. Argentinien erteilte sie ab und zu durch meine Aufdringlichkeit auch gewisse Beträge, die auch nicht zum Leben reichten.
Und von den Überlebenden, von den Sudetendeutschen, von dem Jüdischen Museum in Frankfurt, von den Politikern? Sie füllen sich heute ihre Munde mit Emilie und Oskar Schindler. Alle "Posthum" reden schöne Worte, manche Kroko Tränen bei einer Veranstaltung werden vergossen. Das Theater, die Szenen super vorgespielt.
Wie heuchlerisch ist diese Welt. Und von Spielberg? Er hat sie auch völlig ignoriert. Und sein Film basiert auf den Roman von Thomas Keanelly, der sie auch völlig ignorierte und erst jetzt erhebt er sein Wort, er würde ein Buch über die Leistungen der Emilie verfassen. Aber nein, Dear Mr. Keneally, don´t do it! Was wollen Sie nun schreiben, meine eigenen Recherchen aufschreiben??? Warum hat er nicht schon in den 80 er recherchiert und Emilie in den argentinischen Pampas besucht und mit ihr gesprochen.
Liebe Emilie, eine Leben lang so kurz gekommen, hat jemand mal geschrieben. Und so war es auch, sogar mit dem Fund des Oskars Koffer in Hildesheim im Jahre 1997. Alle hatten Zugang zu der Dokumentation, nur Emilie, als sie 1999 davon erfuhr, durfte sie keine Einsicht in den Koffer haben und der Koffer samt tausenden Dokumente, Fotos, u.s.w landete geschmuggelt in Yad Vashem.
Zu den Dokumenten durften die Stuttgarter Zeitung, Dieter Trautwein, der auch ein Buch im Jahre 1999 herausbrachte: Oskar Schindler. Immer neue Geschichten.
Emilie traf Trautwein in München im Juli 1999 anlässlich einer Einladung von Pfarrer Pfliege zu seiner ZDF Sendung. Trautwein, Michael Friedmann und andere, die vom Koffer wussten, grüßten Emilie, aber keiner benachrichtige sie. Omerta??? Verschwörung, Lüge? Gerne möchte ich es auch wissen.
Der Leser wird sich fragen, warum ich diese Geschichte hinter der Geschichte verfasse? Das hätte Emilie nämlich sehr gut getan. Sie wurde immer als eine Ehefrau ohne eine wichtige Rolle bei der großen Rettung dargestellt, auch wenn sie genauso wie Oskar ihr Leben geopfert hat, und zwar von Oktober 1939 bis Mai 1945.
Die Firma Tangram in München, die jetzt bankrott gegangen ist, hat eine Dokumentation gemacht. Alle Angaben haben von meinen Biographien, aber meine Genehmigung zur Verwendungsrechten hatten sie nicht. Die Produzentin Anette Baumeister bediente sich einfach , als ob sie es hätte machen dürfte.
Mir scheint es, dass die ganze Schindlers Geschichte war wie ein riesiger Kuchen, von dem alle eine Extra Portion haben wollte. Aber dafür zahlen wollten sie nicht. Keneally, Spielberg, der Koffer, Yad Vashem, das Bundesarchiv Koblenz, Tangram, die Sudetendeutschen in München, die sich um dich in Argentinien gar nicht gekümmert haben. Erst als du nach deinem letzten Wunsch, deinen Lebensabend in Deutschland zu verbringen, Wunsch, den ich organisieren musste und auch zahlen und du bist in Deutschland gestorben. Tauchten sie in diese Schindlers Szene auf. usw. Eine lange Liste, liebe Emilie.
Jetzt begreife ich deine letzten Worte: Liebes Kind mach weiter, damit "meine Geschichte und die von Oskarle" ordentlich weitererzählt wird.
Deine Freundin, Enkelin, die sich an dich immer erinnert und dich niemals vergessen wird!
Erika Rosenberg