Montag, 14. März 2011

Schindlers Liste - Vortragsreise: Die Biographin von Emilie und Oskar Schindler im Interview

Eine engagierte und mutig Frau: Emilie Schindler (li.), hier mit Erika Rosenberg in der Deutschen Botschaft Buenos Aires, im Jahr 2000.

Nicht nur durch den Kinofilm „Schindlers Liste“ sind Oskar und Emilie Schindler den meisten Schülern ein Begriff: Das Ehepaar rettete während der Zeit des Nationalsozialismus 1300 Juden das Leben. Noch interessanter für junge Menschen ist aber, wenn jemand von diesen herausragenden Persönlichkeiten erzählt, der sie gekannt hat.
Erika Rosenberg lebt in Buenos Aires. Sie war eine enge Vertraute von Emilie Schindler. Als Zeitzeugin der zweiten Generation hat sie über Oskar Schindler und seine Frau Biographien verfasst. Im Rahmen einer Vortragsreise durch Europa hält sie auch im Jahr 2011 wieder in bayerischen Schulen Vorträge über das bewegende Schicksal des Ehepaars Schindler und kann von Schulen gebucht werden.
Im Interview spricht sie über ihre Erfahrungen mit Schülern und über die Hintergründe ihres Engagements:
Professorin Erika Rosenberg
Professorin Erika Rosenberg
Frau Professorin Rosenberg, auch Ihre Familie durchlebte während des Holocaust ein bewegtes Schicksal. Inwiefern hat dieses Sie beeinflusst in Ihrem Engagement?
Erika Rosenberg: Mein Vater war Jurist in Berlin und meine Mutter Ärztin – und nach den Nürnberger Gesetzen durften sie aufgrund ihrer jüdischen Abstammung den Beruf nicht mehr ausüben. 1936 waren sie gezwungen, nach Südamerika auswandern. Über Paraguay sind sie illegal nach Buenos Aires eingereist. Ich wurde 1951 geboren und habe diese Zeit daher nicht mehr miterlebt, aber erzählt haben sie mir von ihrer Geschichte auch nichts. Das Thema Holocaust war ein Tabu. Das hat mich sehr beeinflusst, denn ich hätte gerne von meinen Eltern alles gehört – vor allem über ihre Kindheit, Familien, Jugend, über ihre Heimat. Aber: Sie haben es nicht getan, sie haben es einfach verschwiegen. Das hat mich immer sehr geschmerzt.
Mein Vater starb, als ich 9 Jahre alt war und meine Mutter 1990. Kurz darauf lernte ich Frau Schindler kennen. Das war kein Zufall. Es war eine Kausalität, wie Albert Einstein es immer benannt hat. Emilie und ich, waren die Fügung. Ich fand Emilies Geschichte so faszinierend und interessant, dass ich sie, bis sie gestorben ist, betreut und begleitet habe. Bevor sie gestorben ist, versprach ich ihr, ihre Geschichte so zu vermitteln, wie sie sie mir erzählt hatte. Und diesem Versprechen fühle ich mich verpflichtet.
Sie waren mit Emilie Schindler eng vertraut, Ihr Wissen über das Ehepaar Schindler ist also aus erster Hand. Was zeichnete deren Persönlichkeiten aus?
Erika Rosenberg: Emilie war viel mehr als eine „Heldin“. Sie war eher eine Art Mutter für ihre Arbeiter. Bei jeder ihren Handlungen erkannte man den Spruch: „Hilf deinem Nächsten“: Sie war engagiert, mutig, einsatzbereit. Sie hatte ein großes Herz und hat geholfen, wo sie helfen konnte. Leider war ihre Geschichte nicht anerkannt. Die Filmindustrie hatte sie übergangen, denn ihre Rolle in Schindlers Liste entspricht auch die der Realität. Bis zu ihrem Tode machte sie selbst Vorwürfe nicht mehr Juden gerettet zu haben.
Auf meine Frage, ob sie eine Heldin gewesen sei, antwortet sie spontan: „Wir waren keine Helden. Wir haben nur getan, was wir als Menschen tun mussten“.
Sie leben in Buenos Aires und bilden für das argentinische Auswärtige Amt die zukünftigen Diplomaten aus. Wie kam es dazu, dass Sie Vorträge über Oskar und Emilie Schindler an deutschen Schulen halten?
Erika Rosenberg: Meine früheren Tätigkeiten an der Goethe Schule in Buenos Aires, im Goethe Institut und an der Katholischen Universität zu Buenos Aires musste ich nach langen Jahren aufgeben, weil ich derzeit an vielen Projekten und Recherchen arbeite: Im nächsten Jahr kommt mein Werk „Schindlers Helfer“ in Deutschland heraus – das nimmt wirklich viel Zeit in Anspruch.
Aber ich bin von Beruf eben immer noch Lehrerin und mag sehr die Vermittlung von Geschichte als etwas Lebendiges. Auf diesem Wege können die Schüler noch viel mehr als geschichtliche Fakten lernen – auch wichtige Werte, wie Zivilcourage, Moral, Menschheit, Solidarität, Freiheit, Einsatz bekommen sie eher mit. Das ist eine der höchsten Aufgabe eines Lehrers und mein ständiges Anliegen. Und wo könnte man sich besser mit deutscher Geschichte auseinandersetzen als in Deutschland mit den jungen Menschen?
Welche Denkanstöße möchten Sie den jungen Menschen an deutschen Schulen bei Ihren Gesprächen liefern?
Erika Rosenberg: Vor allem ist mir wichtig: Nie die Hoffnung verlieren, egal in welchen Zeiten. Außer der Vermittlung von historischen Hintergründen möchte ich die Jugend anspornen zu Zivilcourage, Mut, Einsatz, Solidarität und Liebe. Ich glaube, diese Werte sind die Säulen des Lebens.
Und die Jugend ist die Hoffnung der Zukunft. Ich bin mir sicher, meine Botschaft wird von ihnen gut verstanden.
Welche Erfahrungen machen Sie, wenn Sie mit den Schülerinnen und Schülern in Kontakt treten und über die Biographien von Emilie und Oskar Schindler reden?
Erika Rosenberg: Bis jetzt habe ich immer die besten – und oft sehr rührende Erfahrungen gesammelt. Mit vielen jungen Menschen, die sich nach meinen Vorträgen meine E-Mail-Adresse aufgeschrieben haben, bin ich in Kontakt. Sie schreiben mir, manche stellen Fragen, manche wollen sogar eine Arbeit oder Dissertation über das Thema Schindler schreiben. Diese Motivation ist mir viel, viel wert. Trotz der geographischen Entfernung habe ich so die Möglichkeit, Brücken zu bauen und ich bin dank elektronischer Post immer für die jungen Menschen da.

Vortragsreise 2011

Zu Zivilcourage, Mut und Einsatz anspornen: Erika Rosenberg beim Gespräch mit Schülern in Regensburg
Zu Zivilcourage, Mut und Einsatz anspornen: Erika Rosenberg beim Gespräch mit Schülern in Regensburg
Erika Rosenberg hat bereits im Rahmen früherer Reisen mehrfach vor bayerischen Schulen gelesen. Dieses Jahr wird sie sich vom 24. August bis zum 15. Dezember in Europa, bzw. Deutschland aufhalten und stellt sich in dieser Zeit gerne den Schulen als Biographin von Emilie und Oskar Schindler und als Zeitzeugin der zweiten Generation zur Verfügung.
Vorträge mit anschließender Diskussionsmöglichkeit
Die Vorträge dauern zwei Unterrichtsstunden inklusive einer Power-Point-Präsentation mit aussagekräftiger Dokumentation aus dem Schindler-Nachlass. Auch für Fragestellungen oder eine Diskussion mit den Schülern ist Zeit.
Schwerpunkt ist dabei nicht nur die Geschichte vor, während und nach dem 2.Weltkrieg, sondern auch die Diskussion der Werte Zivilcourage, Einsatz und Mut.
Frau Rosenberg bittet bei Interesse oder bei Fragen um direkte Kontaktaufnahme per Mail. Nähere Informationen finden sich im Netz unter rosenbergerika.blogspot.com.

Angaben   Prof.  ERIKA   ROSENBERG
erosenberg@interlink.com.ar
erosenberg24@gmail.com
Tel.Fax: 005411 / 4823  1217
von August  bis Mitte Dezember  0049 / 173 444 5994