Donnerstag, 3. November 2022

Ein besonderer Blick in die Vergangenheit, Presseartikel in BZ über eine Veranstaltung in Bad Schönau. Una mirada muy especial en el pasado. Excelente art. del Badische Zeitung, Bad Schönau.

 

Ein besonderer Blick in die Vergangenheit

BZ-Redaktion

Von BZ-Redaktion

Do, 03. November 2022

Schönau

Die Autorin Erika Rosenberg berichtet im Schönauer Gymnasium über die Geschichte von Oskar Schindlers Frau Emilie.

(BZ). Es war ein ganz besonderer Besuch für die Schülerinnen und Schüler der neunten bis zwölften Klasse des Gymnasiums. Die Autorin und Biografin Erika Rosenberg berichtete in einem Vortrag über ihre "beste Freundin" Emilie Schindler, die Frau des bekannten Oskar Schindler. Rosenberg lebt in Argentinien, wo sie auch Emilie Schindler kennenlernte, ist aktuell aber für einige Wochen in Europa.

Obwohl Emilie Schindler mit ihrem Mann 1200 Juden vor dem sicheren Tod rettete, gerate sie beim Erzählen häufig in den Hintergrund, findet Rosenberg. Dies möchte die Autorin ändern, unter anderem mit ihrem Buch über die "wahre Geschichte" von "Schindlers Liste", in dem Emilie Schindler als Erzählerin auftritt.

Bevor sie jedoch in die Geschichte der Schindlers eintauchte, erzählte die Autorin aus ihrer eigenen Vergangenheit. Ihre Eltern waren vor der Verfolgung in Nazideutschland nach Südamerika geflohen, wo Rosenberg 1951 geboren wurde. Dass ihre Eltern nie über ihre Vergangenheit sprachen, weckte ihr Interesse an Geschichte. Im Rahmen von Recherchen zu einem Buch über die Einwanderung nach Argentinien lernte sie Emilie Schindler kennen, freundete sich mit ihr an und beschloss, ihre Geschichte aufschreiben.

Diese Geschichte, die Rosenberg mit Fotos illustrierte, beginnt im Jahr 1935. Zu diesem Zeitpunkt sind Emilie und Oskar Schindler bereits verheiratet und Oskar Schindler tritt eine Stelle beim Geheimdienst des Deutschen Reichs an. Diese verhilft ihm zu guten Beziehungen zu einflussreichen Offizieren, die ihm die Übernahme einer Fabrik ermöglichten.

Damit war der Grundstein für die Rettung von 1200 Juden gelegt, die in seiner Firma Zwangsarbeit verrichten mussten. Sie erhielten dort ausreichend Nahrung, die Emilie vom Schwarzmarkt besorgte, und Kranken wurde geholfen. Als die "Endlösung der Judenfrage" vom NS-Regime immer nachdrücklicher verfolgt wurde, brachte das Ehepaar Schindler die bei ihnen beschäftigten Juden auf dem Gelände ihrer Fabrik unter.

Diese Hilfen hätten Emilie und Oskar Schindler bei Bekanntwerden vermutlich das Leben gekostet. Außerdem gaben sie für Bestechungsgelder und die Versorgung von 1200 Menschen nahezu ihr gesamtes Vermögen aus.

Rosenberg war es jedoch ebenfalls wichtig zu betonen, dass auch Oskar Schindler – wie jeder Mensch – seine Schwächen hatte. So habe er etwa in seiner Jugend seine Zeugnisse gefälscht und oft die Schule geschwänzt, bevor er sie schließlich abbrach. Die Mitgift, die er durch die Hochzeit mit Emilie erhielt, verprasste er. Zudem ist er selbst für einige Zeit Mitglied der nationalsozialistischen Partei NSDAP gewesen. Seine Geschichte zeige, dass jeder Mensch die Möglichkeit habe, "im richtigen Moment die richtige Entscheidung zu treffen" und Großes zu tun, so Erika Rosenberg.

Mit ihrem Vortrag wolle sie eine "Botschaft der Versöhnung" an das Land, aus dem ihre Eltern einst fliehen mussten, senden, fasste die Autorin zusammen. Gleichzeitig solle er eine Erinnerung daran sein, dass man "nur mit dem Herzen" gut sehe, welches bei jedem Menschen die gleiche Farbe habe, "nur die Verpackung" sei anders.

Daraus ergebe sich für die heutige Jugend die Aufgabe, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen, um zu vermeiden, dass sie sich wiederholt. Zudem sollten die jungen Menschen Zivilcourage zeigen, und aus der heutigen Welt etwas Besseres machen, so Rosenberg abschließend.