Erika Rosenberg berichtet in der Schifferstadter Salier Schule vom Leben und Wirken Emilie und Oskar Schindlers in der NS-Zeit
VON MARKUS MÜLLER SCHIFFERSTADT. Informativ, unterhaltsam, fesselnd: Mit einer packenden Präsentation hat Erika Rosenberg in der Schifferstadter Salierschule an Leben und Wirken von Oskar und Emilie Schindler erinnert. Die beiden haben während der Naziherrschaft mehr als 1200 Juden vor dem Holocaust gerettet.Aufmerksam hören die Acht- und Neuntklässler der 62-jährigen Dozentin zu. 1951 in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires zur Welt gekommen,ist sie eine Zeitzeugin zweiter Generation. Ihre Eltern, deutsche Juden – der Vater Anwalt, die Mutter Ärztin – durften nach dem Erlass der Nürnberger Gesetze ihre Berufe nicht mehr ausüben und wanderten über Paraguay nach Argentinien aus. „Ich habe mich oft gefragt, warum ich keine Oma und keinen Opa hatte“, erzählt Rosenberg. Die Antwort bleiben ihr die Eltern schuldig. Später, als erwachsene Frau, stößt sie bei Recherchen für ein Buch über deutsche Auswanderer auf Emilie Schindler. Zum ersten Treffen kommt es 1990. „Ich war fasziniert und be- ein druckt von der Zivilcourage,diesie und ihr Mann Oskar bewiesen hat- ten“, erklärt die Deutsch-Argentinie- rin. In der Folge dieser Begegnung wird Rosenberg zur Biografin des Paares,freundet sich mit der betagten Emilie Schindler an.„Siewurdezuder Oma,die ich nie hatte“,verrätsie.Ihre jungen Zuhörer sind gebannt. Die Jungen und Mädchen haben sich seit denSommerferienaufdiePräsentati- on vorbereitet und sich dafür aus- führ lich mitden Schindlers befasst. Den noch vermag Rosenberg sie mit neuen Fakten zu überraschen. Zum Beispiel damit, dass Oskar Schindler ein arbeitsscheuer Lebemann war und seine erste berufliche Tätigkeit die eines Spions war. Die berühmte Emailwarenfabrik hat er auch nicht zufällig erworben, fährt die Dozentin fort. Vielmehr habe sie als deutscher Spionagestützpunkt gedient. Ihre Er- läuterungen ergänzt sie wiederholt mit Fotos aus jener Zeit und Texten mit interessanten Informationen.
Die kaum vorstellbaren Dimensionen der Ereignisse im Zweiten Welt- krieg macht sie den Schülern mit anschaulichen Beispielen und Verglei- chen zumindest ein bisschen besser begreifbar. Die Zahl der Toten etwa. „55 Millionen Menschen sind damals gestorben. Das ist, als wäre Italien oderFrankreichplötzlichleer.“ DieSchilderungenderunmenschli- chen Zustände im Konzentrationsla- ger Plaszow, aus dem die Zwangsar- beiter für Schindlers Fabrik kamen, gehen den jungen Zuhörern unter die Haut. Keine Rechte, keine medizini- sche Versorgung, kaum Nahrung, da- für Krankheiten und einen sadistisch- mörderischen Lager kommandanten namens Amon Goeth: Das war die Si- tuation, der die jüdischen Häftlinge ausgesetztwaren. „Der Kommandant lief durchs La- ger und erschoss wahllos Menschen. Das war kein Spiel auf der Playstati- on“, sagt Rosenberg. Die Schüler sind
ergriffen. „Darf ich aus einem Buch vorlesen, oder ist euch das zu lang- weilig?“, fragt sie. „Lesen!“, lautet die einhellige Antwort. So erfahren die Kinder, wie Emilie Schindler ihr eigenes Leben riskierte, um den Juden zu helfen. Und dass sie wie ihr Mann maßgeblich an der Ret- tung der sogenannten Schindler-Ju- den beteiligt war. Was im oscarprä- mierten Film „Schindlers Liste“ an- ders dargestellt werde. „Darin spielt sie kaum eine Rolle, das war ganz an- ders“, erklärt Rosenberg. Kaum glau- ben können es die Schüler, als sie hö- ren, dass die Originalliste auf Ebay versteigert wird – für ein Mindestgebot von drei Millionen Dollar. Umgerechnet 26 Millionen Euro hat wieder um Oskar Schindler für die Rettung „seiner“ Juden bezahlt, sein ganzes Vermögen dafür gegeben. Nach dem Krieg fand er keine Arbeit. Geld einer jüdischen Organisation er- möglichte dem Paar schließlich ein
bescheidenes Leben auf einer argen- tinischen Farm. 1974 starb er verarmt in Hildesheim, Emilie lebte bis zu ih- remTod2001vonSpenden. Trotz ihrer herausragenden Zivil- courage waren die Schindlerslang ein Vergessenheit geraten. Mit Präsenta- tionen wie der in der Salierschule möchte Rosenberg die Erinnerung wachhalten. Bei ihrem Schifferstad- ter Publikum ist ihr das zweifelslos gelungen. Am Ende des Vortrags kommen sogar drei Schülerzuihr,um ihr persönlich dafür zu danken. „Es war interessant und schön“,lobensie. Die 62-Jährige ist sichtlich gerührt. „Ich kann als Lehrerin viel erzählen, aber wenn Zeitzeugen berichten, packt das die Schüler ganz anders“, hatte Schulleiterin Anette Hilspach- Kierigvorherden Sinnund Zweckdes Zeitzeugen-Programms des Kultus- ministeriums erläutert, in dessen Zuge Erika Rosenberg ihre Schule besuchte.Sie behiel trecht.
RHEIN-PFALZ-KREIS