Mittwoch, 17. Oktober 2012

Die wahre Geschichte hinter "Schindlers Liste"

Journalistin stellt in Weißwasser ihre Recherchen zum Thema vor

Unternehmer Oskar Schindler (1908-1974) hat 1200 Juden vor dem Tod bewahrt. Dass seine Frau Emilie ihm tapfer zur Seite stand, ist kaum bekannt. Journalistin Erika Rosenberg hat es sich zurAufgabe gemacht, dies zu ändern.

Emilie Schindler im Juli 2001 Archivfoto: dpa

"Manche sagen, Emilie war Schindlers Schatten. Nein, sie war an Schindlers Seite", betont Journalistin und Schindler-Biografin Erika Rosenberg am Dienstag in der Stadtbibliothek Weißwasser. Die Tochter deutscher Juden, denen es gelang vor den Nationalsozialisten nach Argentinien zu fliehen, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Oskar Schindlers Ehefrau Emilie endlich ins Licht zu holen. Schon immer war Erika Rosenberg von der Geschichte des Ehepaares Schindler fasziniert. 1990 gelingt es ihr, über die deutsche Botschaft in Argentinien Kontakt zu Schindlers Witwe aufzunehmen. Es folgen unzählige Gespräche, Interviews. Die daraus entstehende Freundschaft hält bis zum Tod von Emilie Schindler 2001.

Aus den Begegnungen entstehen die biografischen Bücher "In Schindlers Schatten" und "Ich, Emilie Schindler", in denen Erika Rosenberg Erinnerungen von Emilie Schindler versammelt.

Während ihres Vortrags liest die Journalistin immer wieder Ausschnitte aus "Ich, Emilie Schindler" und erzählt bewegende Details.

Sie spricht über Steven Spielberg und den Film "Schindlers Liste": "Emilie taucht nur kurz darin auf. Aber sie war die ganze Zeit dabei, hat heimlich Medikamente und Lebensmittel besorgt. Und sie hat eigenständig einen Transport mit 120 Juden gerettet." Das Publikum erfährt auch, dass Emilie fälschlicherweise als gerettete Jüdin von Spielberg zum Dreh der letzten Filmszene nach Jerusalem eingeladen wird, dort bei einer Gala am hintersten Tisch sitzen muss: "Viele der anwesenden Juden kamen auf Emilie zu, haben sie wiedererkannt, geküsst und umarmt." Nur Spielberg schenkt Emilie kaum Beachtung, wie die Schindler-Biografin, die mit vor Ort war, zu berichten weiß: "Spielberg ist aufgetaucht und blieb etwa zehn Meter vorm Tisch stehen. Er sah, dass Emilie von den Juden umringt war. Dann lächelte er kurz und ging."

Auch an den Filmeinnahmen ist Emilie Schindler laut Erika Rosenberg nie beteiligt worden. Dabei lebte sie in Armut. Ihr Mann ließ sie 1957 in Buenos Aires mit einer Million Peso Schulden (90 000 Euro) zurück. Auch als auf dem Dachboden einer Wohnung in Hildesheim ein Koffer mit Dokumenten von Oskar auftaucht, darunter die berühmte Liste, ist die Witwe außen vor. Rosenberg: "Emilie bekam keine Einsicht in den Koffer, er wurde nach Yad Vashem (Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem – Anm. der Red.) verschickt."

Das Emilie lebenslang im Schatten des Ehemannes stand, berührt auch die 16-Jährige Schülerin Janka Machatzky vom Landau-Gymnasium Weißwasser, die die Lesung gespannt verfolgte: "Dass Emilie so unter den Tisch gefegt wurde und in Armut leben musste, obwohl sie soviel beigetragen hat, finde ich erschreckend." Erika Rosenberg fasst es so zusammen: "Oskar hätte ohne Emilie nicht viel machen können und sie ohne ihn auch nicht."

     Oskar Schindler 1967 in London Archivfoto:dpa

Erika Rosenberg las am Dienstagabend in der Stadtbibliothek Weißwasser aus ihrem Buch "Ich, Emilie Schindler" Foto: Lydia Mayer Foto: Lydia Mayer

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