26.10.2011 - WÖRRSTADT
Von Bergund Hilgers
ZEITZEUGIN Erika Rosenberg berichtet in Wörrstadt über das Schicksal von Emilie und Oskar Schindler
Als Verfasserin der Biografien von Emilie und Oskar Schindler, die im Zweiten Weltkrieg über 1200 Juden vor dem sicheren Tod in den Vernichtungslagern bewahrten, hat die Historikerin und Lehrerin Professor Erika Rosenberg es sich zur Lebensaufgabe gemacht, die Schindler-Geschichte und vor allem die Rolle der Emilie Schindler zu verbreiten. Auf ihrer Vortragsreise war sie auch zu Gast bei den Oberstufenschülern der Georg-Forster-Gesamtschule.
Selbst Tochter jüdischer Verfolgter, die Deutschland in der Zeit des Nationalsozialismus in Richtung Südamerika verlassen mussten, berichtete Erika Rosenberg zunächst über das Schicksal ihrer eigenen Familie: Über die schwierige Flucht nach Paraguay, später nach Argentinien, die Entwurzelung ihrer Eltern. „Ich wurde 1951 geboren, habe den Holocaust nicht miterlebt, aber meine Eltern haben mir auch nicht von ihrer Geschichte erzählt, sie haben es verschwiegen, das war ein Tabu“, sagt Erika Rosenberg. Auf der Suche nach ihrer eigenen Geschichte lernte sie 1990 die damals schon verwitwete Emilie Schindler in Buenos Aires kennen, wohin diese 1949 mit ihrem Mann ausgewandert war. „Es war kein Zufall, das war Kausalität“, ist die Historikerin überzeugt.
Drei international bekannte Bücher
Die beiden verband eine innige und enge Freundschaft. Rosenberg fand Emilies Geschichte so faszinierend, dass sie die Witwe Oskar Schindlers bis zu deren Tod 2001 betreut und begleitet hat. Aus der Freundschaft und den zahlreichen Gesprächen mit über 70 Stunden Tonbandaufnahmen sind auch drei international bekannte Bücher entstanden.
In einem bewegenden Vortrag und anhand zahlreicher Dokumente und Fotos erzählte Erika Rosenberg den Schülern aus dem Leben der Schindlers: Von dem gutaussehenden, charmanten jungen Mann, von seiner Tätigkeit als Geheimagent der Nazis, von der Emailwarenfabrik, die er in Krakau betrieb und nach Tschechien verlegte, um seine Arbeiter mitzunehmen und vor dem Konzentrationslager zu retten. Emilie war mit dabei, besorgte Lebensmittel und Medikamente, setzte ihr Leben ein und rettete selbst einen Transport mit 120 Juden.
Leistungen nie gebührend anerkannt
Doch die Frau an Oskar Schindlers Seite blieb bis zu ihrem Tod eine „unbesungene Heldin“, deren Leistungen nie gebührend anerkannt wurden, so Erika Rosenberg. „Ohne Emilie hätte Oskar das nicht leisten können“, beschreibt sie weiter. Emilie habe im Schatten ihres Mannes gelebt. Vor allem in Steven Spielbergs Film „Schindlers Liste“ sei sie zu Unrecht zu einer Randfigur geworden. Erika Rosenbergs Urteil über Spielbergs Film ist eindeutig: „Das ist ohne Zweifel ein guter Film, aber er hat Emilie Schindler zu wenig in den Vordergrund gerückt und manches auch nicht richtig dargestellt.“ Zudem habe Spielberg offenbar keine Ahnung davon gehabt, wer Emilie war, lud er sie doch 1993 „mit ihrem Gatten“ als „Gerettete“ zu einem Empfang nach Jerusalem ein.
Nach einem Leben in großer Armut erhielt Emilie Schindler, erst sehr viel später als ihr Mann, finanzielle Unterstützung und offizielle Ehrungen, darunter das Bundesverdienstkreuz im Jahr 1995.